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Aktuelles

Neues aus Mnero

Kila kitu kina Mwanzo na Mwisho
(Frei übersetzt: „Alles hat einen Anfang und ein Ende“)
 
Mit diesem Refrain haben wir (Marlies Penning & Maarten van der Deijl) ein Abschiedslied geschrieben als wir im September 2018 schweren Herzens Mnero nach etwas mehr als 2 Jahren wieder verließen. Dieser geht uns bis heute noch nicht aus dem Kopf. Viele Dinge haben sich in den zwei Jahren, in denen wir in Mnero waren, geändert. Manche sind gleich geblieben. So ist Mnero immer noch nicht an das öffentliche Stromnetz angeschlossen, die schlechte Sandpiste in den Ort ist genauso staubig & holprig wie früher und natürlich ist das Panorama über die afrikanische Feuchtsavannenlandschaft weiterhin spektakulär. Auf der anderen Seite hat das Dorf in diesen 2 Jahren eine richtige Internetverbindung bekommen und in der Trockenzeit sogar eine direkte Busverbindung nach Daressalam.

Die Anzahl der Motorräder hat erheblich zugenommen (insbesondere eine chinesische Billigmarke, die für die ländlichen Straßenverhältnisse gänzlich ungeeignet ist) und so ist es insbesondere bei Dunkelheit nicht mehr ganz ungefährlich, auf der Straße zu gehen – aber die Mehrheit der Dorfbevölkerung lebt ihr von Pflanz- und Erntezeiten bestimmtes Leben unter der ständigen Bedrohung, dass mit Ausfall der Ernte ihre Lebensgrundlage gefährdet ist.

 

An Zeichen eines fraglichen technischen Fortschrittes fallen natürlich auch die Massen von Mobiltelefonen auf – während früher im „Rockzipfel“ Kleingeld verwahrt wurde, packen nun selbst die älteren Dorfbewohner umständlich ein Handy aus und präsentieren es stolz. Wer etwas auf sich hält, hat mindestens zwei prepayed-Karten von unterschiedlichen Anbietern – um eine bessere Netzabdeckung zu gewährleisten. Der „öffentliche Nahverkehr“ in Form eines regelmäßig nach Nachingwea fahrenden Pritschen-LKWs eröffnet mehr Leuten die Möglichkeit, die nahegelegene Stadt zu besuchen und dort einzukaufen. Der Markt in Nachingwea hat an Größe und Vielfalt stark zugenommen – leider auch mit Massen an minderwertigen asiatischen Plastikprodukten, die vor allem billig und bunt sind.

Die lokalen Geschäfte in Mnero bieten weiterhin vor allem Produkte des täglichen Bedarfs an. Bei pfiffigen Jungunternehmern kann man sich Werkzeug zum Reparieren seines Zweirades mieten – und Luft kaufen (eine Fahrradpumpe hängt im Schatten eines Baumes und darf gegen geringe Gebühr benutzt werden).

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Nachruf auf einen “kleinen Mann”

Was wäre ein Krankenhaus ohne ein handwerkliches „Mädchen für alles“. Dieses „Mädchen für alles“ war in Mnero nicht weiblich, sondern eine nicht hochgewachsene, sondern wohl hungerkleine Person namens Hamisi Ganishao.

 

HAMISI – ein taubstummer, schwarzer Mann von Statur und Aussehen Charlie Chaplins. Und mag er von den anderen Hospitalmitarbeitern oft belächelt, teils ob seiner Tätigkeit gar missachtet worden sein - er war für mich einer der bewundernswertesten und liebsten Mitarbeiter. Als Entwicklungshelfer, nebst für die Medizin auch für allerlei Technik und Infrastruktur zuständig, kam ich bald nach meiner Ankunft mit dem sonderlichen kleinen Mann in Berührung. Ich, als Nicht-Kisuaheli-Sprechender und er als Stummer haben uns sozusagen von Beginn an bestens verstanden. Hamisi fühlte sich sozusagen für alles, was mit Gebäudetechnik zu tun hatte, zuständig. Einzig das Phänomen der Elektrizität war ihm unheimlich. Sein Hauptmetier jedoch war die Wasserversorgung und -entsorgung des Spitals sowie dessen Sanitäranlagen.

Er war immer mit Feuereifer dabei und sich nie seiner natürlich schmutzigen und ob der Fäkalien nicht ungefährlichen Arbeit zu gut. Bei den alltäglich anstehenden Reparaturen war seine Kreativität zur Improvisation, vor dem Hintergrund steten Mangels an allem, unübertroffen. Hamisis Stolz und Hamisis Glückseligkeit war HAMISIS STORE, sprich Lager. Dieses war in einem kleinen Anbau des chirurgischen Frauenkrankensaals untergebracht. Aufgrund des Optimismus der ursprünglichen Erbauer des Spitals befanden sich darin ehemals zwei Waschbecken und drei Spültoiletten. Früh war dieses Sanitärprinzip an den afrikanische Tatsachen gescheitert und alsbald wurde hier vom gebrauchten und wieder zurechtgeklopften Nagel, über defektes Werkzeug und chirurgisches Instrumentarium bis hin zur ausrangierten OP-Leuchte alles Wiederverwendbare sicher verwahrt. Für Nichtfachmänner (wie uns Entwicklungshelfer) erschloss sich natürlich Wert und Systematik des Lagers nicht auf den ersten Blick. Nichtsdestoweniger lernten wir mit der Zeit Hamisis Schrott- und Kuriositätenkabinett als unerschöpfliches Ersatzteillager zu schätzen.

Hamisi Ganishao verbrachte sein gesamtes Berufsleben am Mnerospital. Er war bereits beim Bau in den fünfziger Jahren als junger Mann dabei, kannte deshalb jeglichen Leitungs- und Kabelverlauf und war deshalb bei den zahlreichen Instandhaltungs-, Um- und Neubauarbeiten unabdingbar. Unvergesslich auch die mir zunächst unverständliche Freude und das Tanzen des Taubstummen bei den traditionellen Mai- und Weihnachtsfeiern. Mit der Zeit habe ich den ausgelassenen Tanz als Freude des behinderten Mitarbeiters am „DabeiSeinDürfen“ und als Freude an der Freude der Anderen verstanden.

Hamisi war bis zur „Berentung“ 2002 an die 50 Jahre am Spital beschäftigt. „Berentung“ deshalb in Anführungszeichen, weil nahezu alle Mitarbeiter mit einer sehr mageren einmaligen Abschlußzahlung in den Ruhestand gehen. Für Hamisi hat Ruhestand beschämende Armut bedeutet. Im Dezember 2014 hat ein heftiger Tropensturm dann den beiden gebrechlichen Alten noch das Dach ihrer erbärmlichen Hütte abgedeckt. Dies zu beheben und im Krankheitsfall für Behandlung zu sorgen war uns ein großes Anliegen und wurde von Sr. Bertila mit sehr viel Herzenswärme besorgt. Auch Sie liebe Leser haben Ihr Schärflein hierzu beigetragen.Wie bei vielen Menschen im ländlichen Afrika wissen wir nicht, wann Ganishao geboren war, gestorben ist Hamisi im Februar 2014.

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